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Ahoi und herzlich willkommen bei den Kajütengesprächen des Neue Hanse Business Clubs. Mein Name ist Doris Stegemann und zusammen mit Canan Ramrath unterhalten wir uns mit Uta Deutschländer über ihren Werdegang, ihre jetzige Position und ihre Auffassungen und Erfahrungen zu den Themen “Mitarbeitende, Marketing und Nachhaltigkeit”. Also, rein in die Kajüte und los geht’s. 

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Canan: 

Hallo Uta, wir haben Dich heute zum zweiten Mal in unserem Kajütengespräch und zwar zum Thema “Inklusion am Arbeitsplatz”. Das ist ein Thema, was Dich den ganzen Tag bei Deiner Arbeit begleitet. Wie bist Du zu dieser Thematik gekommen, liebe Uta? 

Uta: 

Liebe Canan, ich bin total froh, dass ich das zweite Mal dabei sein darf. Wobei das auch richtig ist, denn Inklusion am Arbeitsplatz ist ein wichtiges Thema, gerade jetzt in diesen Zeiten der hohen Arbeitslosigkeit und der wirklich schwer zu besetzenden Stellen. In allen Bereichen sind schwerbehinderte Menschen wichtige Player am Arbeitsmarkt. Aber zu deiner Frage zurück. Wie bin ich dazu gekommen? Gute Frage. Ich bin ja Geschäftsführerin eines Inklusionsunternehmens in Münster und da ist natürlich Inklusion einfach immer ein Thema. Und für uns Alexianer sind die Inklusionsunternehmen ja im Prinzip eine Weiterentwicklung. Damit haben wir vor 20 Jahren mal begonnen. Ich habe mich sehr für dieses Thema interessiert. Inklusion und Arbeit bedeutet ja nicht nur, dass schwerbehinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden, sondern es bedeutet auch Inklusion in die Gesellschaft. Ich habe mein eigenes Geld, ich kann mir mit meinem Geld eine Wohnung mieten zum Beispiel, aber ich kann halt auch abends mal weggehen, ich habe Kollegen, mit denen ich vielleicht etwas zusammen mache. Es bedeutet viel mehr, als nur zu arbeiten. 

Canan: 

Wie ist der Stand der Inklusion vor 20 Jahren gewesen und wie hat er sich in den 20 Jahren entwickelt? 

Uta: 

Gute Frage. Also, vor 20 Jahren gab es viel weniger Inklusionsbetriebe als heute zuerst mal, aber ich glaube, ganz früher war das immer so, da hatte, glaube ich, jeder einen Schwerbehinderten im Betrieb, zum Beispiel am Empfang oder an der Pforte. Heute gibt es diese Arbeitsplätze gar nicht mehr und natürlich entwickeln sich auch schwerbehinderte Menschen weiter. Sie machen eine Ausbildung, sie interessieren sich für bestimmte Bereiche und auch da gibt es ja eine Entwicklung. Und deshalb sind, glaube ich, viele arbeitslos. Und wir haben ja diesen Wandel, ich will jetzt nicht sagen, Werkstatt versus Inklusionsunternehmen, aber viele möchten halt auch eben nicht in die Werkstatt gehen, sondern suchen ganz bewusst einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Und das gab es vor 20 Jahren nicht in diesem Spektrum wie heute. 

Canan: 

Ich habe vor ein paar Tagen in einem Medium der münsteraner Publizistik gelesen, dass der Arbeitslosenstand bei schwerbehinderten Menschen inzwischen eine Höchstzahl erreicht hat. Woran mag das liegen? 

Uta: 

Ja, woran mag das liegen? Ich glaube, dass es da tatsächlich noch ganz viele Berührungsängste und auch Unsicherheiten gibt. Wenn ich einen schwerbehinderten Menschen einstelle, dann kommt es je nach Schwerbehinderung vielleicht auch zum Tragen, dass ich mir da Gedanken machen muss: Kann er überhaupt in meinem Betrieb arbeiten? Kann er überhaupt an dem Arbeitsplatz, den ich habe, arbeiten? 

Da gibt es, denke ich, noch ganz viele Unsicherheiten, die jetzt nach und nach erst abgebaut werden. Wir haben ja gerade die Inklusionsinitiative unterschrieben. Das ist eine Initiative des MAGS von Herrn Minister Laumann auch mit oder initiiert. Da geht es darum, dass wir alle uns verpflichten, ich sag jetzt mal als Arbeitgeberverbände. Wir waren dort als Landesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsunternehmen auch vertreten. Auch wenn wir viele schwerbehinderte Menschen vertreten, gilt es, sich als Arbeitgeberverband oder als Arbeitgebender sozusagen dazu zu verpflichten, mehr schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Und in der Diskussion, während wir dieses Papier erarbeitet haben, habe ich einfach gemerkt, dass wir als Inklusionsunternehmen natürlich erstmal eine ganz andere Denkweise haben, weil wir ja unbedingt schwerbehinderte Menschen beschäftigen wollen und das für uns ganz selbstverständlich ist. Wenn zu uns ein gehörloser Mitarbeitender kommt, dann ist für uns total klar, was wir dann machen. Ich habe dort erstmal gemerkt, wie kompliziert und schwierig das für Menschen ist, die damit nicht so eine tagtägliche Berührung haben. Und ich glaube, daran liegt es einfach, dass so viele schwerbehinderte Menschen arbeitslos sind. 

Hier in Münster gibt es das Bestreben. Ich meine, der Landschaftsverband, Herr Dr. Luhnemann, hat jetzt ja gerade diese 3 x 10 propagiert. Sie sagen, sie wollen unter anderem auch 10 % schwerbehinderte Menschen im Landschaftsverband beschäftigen. Trotzdem ist es schwierig, für sie den passenden Mitarbeitenden auch zu finden. Auch die Stadt Münster als Kommune will mehr schwerbehinderte Menschen beschäftigen, aber das ist für sie halt schwierig, weil die Arbeitgebenden, aus meiner Sicht, auch erstmal umdenken müssen.  

Canan: 

Die Frage, die mir so als nächstes einfällt, ist: Die Zahl der Arbeitslosen ist ja auf einem Höchststand in Münster. Das mag mit Sicherheit auch damit zu tun haben, dass mehr schwerbehinderte Menschen ausgebildet und am Arbeitsmarkt auch gemeldet und erfasst sind, es aber auf der anderen Seite noch nicht so viele Unternehmen gibt, die vielleicht Schwerbehinderte finden. Wie ist das denn mit der Frage, wie findet ein schwerbehindertet Mensch einen Arbeitsplatz und wie findet ein Arbeitgeber einen schwerbehinderten Menschen, den er einstellen kann? 

Uta: 

Also, ich glaube, die zweite Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Wenn ich als Arbeitgebender nicht gezielt einen schwerbehinderten Menschen suche, dann ist das schwierig, und ich denke, dass das häufig einfach Zufallsprodukte sind. Wir müssen dann auch nochmal die Frage klären, glaube ich, Schwerbehinderung und Schwerbehinderung. Das sind zwei unterschiedliche Sachen. Es ist häufig in den Betrieben so, dass es zum Beispiel bei älter werdender Belegschaft oder bei älteren Menschen ja häufig mal zu einer Schwerbehinderung kommt. Das heißt also, das sind Menschen, die jahrelang gearbeitet haben und ihre Schwerbehinderung durch einen Unfall oder ähnliches erlangt haben. Diese Menschen sind, meiner Meinung nach, nicht so sehr von Arbeitslosigkeit bedroht. Ich glaube, die, die am meisten von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sind eher die, die schon von Geburt an schwerbehindert sind, die nicht den Weg in die Werkstatt gehen möchten, die dann aber auch gar keine Ausbildung haben oder vielleicht auch noch nie die Möglichkeit hatten, zu arbeiten. Da ist sicherlich die Hemmschwelle für einen Arbeitgebenden viel größer, um zu sagen, ich stelle so einen Mitarbeitenden ein, wo ich gar nicht genau weiß, worauf ich mich einlasse. Ich habe bei der letzten Frage schon gesagt, man muss umdenken, die Arbeitgebenden müssen umdenken. Es ist ja so, wenn wir eine Stelle zu besetzen haben, zum Beispiel als Sekretärin – das ist bestimmt nicht mehr das richtige Wort – oder wir suchen einen Mitarbeitenden im Sekretariat, ist ja egal, dann schreiben wir da rein, er soll Steno können, er muss schnell schreiben können, er muss telefonieren können und was weiß ich, was er nicht noch alles machen muss. Und dann suchen wir den Menschen, der genau das kann. Und wenn dieser eines der Kriterien nicht erfüllt, dann legen wir ihn erstmal an die Seite. Wir haben ja 10 Kriterien meinetwegen und er muss alle 10 erfüllen. Bislang war das ja auch so. Da hatten wir 100 Bewerbungen und mindestens 50 haben diese Kriterien erfüllt. Dann haben wir alles Mögliche gemacht. Jetzt ist das aber anders. Und bei schwerbehinderten Menschen müssen wir vielleicht davon ausgehen, sie könnten auf Grund ihrer Schwerbehinderung vielleicht bestimmte Kriterien dann einfach nicht erfüllen. Dann wäre es gut, wir würden hingehen und sagen, ok, er kann von dem Katalog zum Beispiel 7 von 10 Kriterien erfüllen und für die verbleibenden drei strukturiere ich das um und das macht halt jemand, der keine Schwerbehinderung hat zum Beispiel. Oder ich finde vielleicht noch einen Schwerbehinderten, der das kann, und splitte das, wie auch immer. Ich bekomme ja auch eine finanzielle Unterstützung, wenn ich einen Schwerbehinderten einstelle. Auch diese 30 %, die ich aus der Ausgleichsabgabe bekomme, kann ich dann dafür verwenden, jemand anderen zu beschäftigen, um diese Aufgaben beispielsweise zu erledigen. Da gibt es vielfältige Möglichkeiten. Aber dafür müssen wir erstmal umdenken. Ich glaube, wir müssen gucken, was für Mitarbeitende sind auf dem Arbeitsmarkt und wie kann ich diese in mein Unternehmen einbringen bzw. den Arbeitsplatz anpassen? Wie kann ich deren Tätigkeiten anpassen? Das wird natürlich nicht immer gehen. Klar, ich meine, ich suche einen Elektriker und finde nur einen Maurer, das wird wahrscheinlich schwierig sein. Ich glaube, ihr versteht, was ich versucht habe, zu erklären. 

Canan: 

Was für Fördermöglichkeiten gibt es denn für Arbeitgeber, um schwerbehinderte Menschen einzustellen bzw. zu finanzieren?  

Uta: 

Also, grundsätzlich bekommt man aus der Ausgleichsabgabe 30 % des Arbeitnehmerbruttos erstattet. Das bekommt jeder Arbeitgebende, dafür muss man kein Inklusionsunternehmen sein, wenn ich einen besonders betroffenen Schwerbehinderten einstelle, dann habe ich die Möglichkeit auch einen Zuschuss zur Arbeitsplatzausstattung zu bekommen. Wenn ich zum Beispiel einen gehörlosen Mitarbeitenden habe, gibt es die Möglichkeit, Dolmetscher zu bekommen, damit ich mich bei der Einarbeitung oder wie auch immer verständigen und den Mitarbeitenden einarbeiten kann. Es gibt auch die Möglichkeit, beispielsweise Jobcoaches für jeden Arbeitgebenden bekommen. Das geht natürlich nicht über 15 Jahre, das ist ja klar, aber diese Möglichkeiten gibt es. Es gibt dazu Ansprechstellen, die Agentur für Arbeit hilft einem da auch weiter, aber es gibt halt auch bei der IHK Inklusionsberatende, unabhängige Ansprechstellen dafür und die helfen einem da auch weiter und beraten, was man tun kann.  

Canan: 

Das ist ja schon eine ganze Menge. Ich gehe mal davon aus, dass viele Arbeitgebende diese Möglichkeiten gar nicht kennen. Ich glaube, wenn das wirklich bekannter und populärer wäre – das ist ja auch ein Grund mit, warum wir uns heute hier darüber unterhalten, diese Thematik tatsächlich in die breite Öffentlichkeit zu tragen – dass es dann mehr Arbeitgebende gäbe, die dann auch schwerbehinderte Menschen einstellen. 

Uta: 

Ich hoffe das ja, dass das tatsächlich so ist. Ganz interessant war auch, als wir diese Inklusionsinitiative unterschrieben haben, war dort ein Betrieb, der tatsächlich darüber berichtet hat, wie er zu seinem schwerbehinderten Mitarbeitenden gekommen ist. Das war ein Betrieb, der Rolltore herstellt, irgendwo im Ruhrgebiet ansässig, und der hat durch Zufall einen schwerbehinderten Mitarbeitenden getroffen, der einfach für einen bestimmten Bereich für ihn so toll ist, dass er gleich einen zweiten eingestellt hat. Und das Ganze noch, ohne dass er überhaupt wusste, dass es irgendwelche Förderungen oder irgendwas gibt. Darauf ist er dann nachher ganz durch Zufall gekommen. Als er nämlich seine IHK angesprochen hat, haben die zu ihm gesagt, hier, es gibt übrigens Fördermöglichkeiten so und so. Erst dann ist er überhaupt darauf gestoßen und hat dann im Nachgang verbesserte Arbeitsplatzausstattung gekriegt etc. Eine Sache, die noch wichtig ist, die man mal überdenken sollte, ist auch, dass schwerbehinderte Mitarbeitende, schwerbehinderte Arbeitnehmende gut fürs Betriebsklima sind. Das hört sich jetzt irgendwie blöd an, aber da gibt es eine sehr hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz. Sie sind sehr daran interessiert, ihren Arbeitsplatz zu behalten und in der Regel sind ja gerade schwerbehinderte Mitarbeitende auch einfach immer froh und glücklich, dass sie zur Arbeit kommen dürfen und dementsprechend unterhalten sie sich dann auch mit Kollegen. Also, sie strahlen halt einfach so eine Freude aus und deshalb ist das fürs Betriebsklima sicherlich auch sehr förderlich. Sie wollen überall mitmachen, das ist ja auch einer der Gründe, warum es für schwerbehinderte Menschen so wichtig ist, am allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. 

Canan: 

Das ist ja heutzutage auch eine Frage von sinnstiftender Arbeit, die ja auch für nichtbehinderte Menschen ein wichtiges Thema ist, auch Wertschätzung des Arbeitnehmenden durch den Arbeitgebenden. Wenn sich dann beide wohlfühlen, Arbeitgebender und schwerbehinderter Mensch bzw. der schwerbehinderte Mensch sieht, dass sich das Unternehmen in diesem Bereich der Inklusion aktiv beteiligt, dann ist das natürlich eine tolle Sache. 

Du bist ja auch organisiert, das heißt, es ist ja so, dass Inklusionsunternehmen organisiert sind. Wie sieht diese Organisation aus, wofür ist sie da und was bewirkt sie? 

Uta: 

Also, organisiert sind wir in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsunternehmen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsunternehmen ist so aufgestellt, dass es in jedem Bundesland eine Landesarbeitsgemeinschaft gibt. Diese besteht in der Regel aus zwei oder mehr ehrenamtlich tätigen Menschen. In NRW ist es so, dass wir vier sind, also vier Landessprecher und das liegt einfach daran, dass wir hier in NRW zwei Landschaftsverbände haben, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe und den Landschaftsverband Rheinland. Rheinland und Westfalen-Lippe haben schon ein paar Unterschiede, deshalb macht es einfach Sinn, da mehrere Landessprecher zu haben. Ich bin gemeinsam mit der Regina Schafmeister Landessprecherin für den Bereich Westfalen-Lippe. In unseren “Bundesländern” handhaben das alle Landessprecher unterschiedlich, aber wir haben natürlich auch Aufgabenbereiche, zum Beispiel politische Aufgabenbereich. Das heißt also, wir suchen den politischen Kontakt, in unserem Falle in der Regel zum Ministerium für Arbeit und Soziales, also zu MAGS, um Entwicklungen nicht zu verschlafen. Es gibt ganz viele Gesetze auf Bundesebene, die dann auf Landesebene heruntergebrochen werden. Da ist es natürlich immer gut, wenn man da so ein bisschen hinhört und vielleicht auch seine Position einbringen kann. Das ist also ein ganz wichtiger Bereich, aber wir versuchen auch Kontakt zu unseren Mitgliedsbetrieben zum Bespiel zu halten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsunternehmen macht darüber hinaus, ich nenne das jetzt mal “Kampagnen”, zum Beispiel die Kampagne “Mehrwert für Ausbildung”. Da geht es halt darum, den Einstieg in die Ausbildung für schwerbehinderte Menschen zu vereinfachen, aber natürlich geht es auch darum, dass Mitgliedsbetriebe oder Inklusionsbetriebe überhaupt erstmal Auszubildende finden. Das ist für uns genauso schwierig, wie für jeden anderen Betrieb auch. Wir würden gerne auch einen Menschen mit Schwerbehinderung ausbilden, aber wir haben halt genau die gleichen Probleme, wie sie alle anderen Betriebe auch haben. Wir finden relativ schwer Mitarbeitende. Da gibt es dann halt diese “Kampagne”, wo Informationen zusammengetragen werden, wo man dann hinterher auf einer Internetseite nachgucken kann und sich Informationen holen kann. Wir hatten zum Beispiel auch das Thema “Öffentliche Ausschreibung”, ein ganz wichtiges Thema. Für Inklusionsunternehmen sind öffentliche Ausschreibungen ein wichtiges Thema, weil es ja die sogenannte “bevorzugte Vergabe” für soziale Unternehmen zum Beispiel gibt. Diese Informationen muss ich mir als Mitgliedsbetrieb irgendwoher holen und die hole ich mir dort. Jetzt hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsunternehmen gerade eine Wirkungsstudie erstellt. Bei dieser Wirkungsstudie ging es darum, wie Inklusionsunternehmen wirken. Sie wirken natürlich sozial, keine Frage, aber sie wirken auf Grund ihrer hohen sozialen Wirkung auch nachhaltig in die Gesellschaft. Das heißt, auch die Zusammenarbeit mit einem Inklusionsunternehmen kann interessant sein, wenn man beispielsweise seine Nachhaltigkeitsziele erreichen möchte. Das sind halt solche Themen. Da gibt es dann Überlegungen, ob es vielleicht mal ein Branding für Inklusionsunternehmen zum Thema Nachhaltigkeitsziele gibt, schon Sachen, die wirklich sehr zeitgemäß und sehr wichtig sind, die regelt die Bundesarbeitsgemeinschaft. Da gibt es dann noch steuerliche Aspekte, das können kleine Inklusionsunternehmen zum Beispiel nicht allein regeln und da ist es schon gut, dass es so einen Verband gibt. Berufsgenossenschaftsthemen sind auch solche Themen. Wir können uns die Berufsgenossenschaft nicht aussuchen, wie das andere können, sondern wir haben eine Berufsgenossenschaft, in die wir automatisch eintreten müssen und das sind natürlich Dinge, die nicht immer nur positiv sind.  

Canan: 

Das ist ein interessanter Aspekt, Inklusionsunternehmen auch unter dem Thema der Nachhaltigkeit zu betrachten. Kannst Du Dir vorstellen, dass es auch ein Marketingmittel sein kann, für den Verein Kampagnen in dem Bereich zu starten, um Unternehmen, die bis jetzt noch nicht mit Inklusion zu tun hatten, darauf zu sensibilisieren. 

Uta: 

Auf jeden Fall. Die Wirkungsstudie ist öffentlich. Sie ist auch sehr einfach dargestellt, sag ich jetzt mal. 

Canan: 

Wo genau kann man sich die öffentliche Wirkungsstudie ansehen? 

Uta: 

Die Studie findet man auf den Seiten der Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsunternehmen. Entweder googelt man Bundesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen oder BAG-IF und dann findet man die Wirkungsstudie direkt auf der Startseite. Wenn man die Wirkungsstudie öffnet, ist es auch sehr übersichtlich dargebracht, wo die wesentlichen Themen sind. Jeder kennt inzwischen Sustainable Goals, die werden dort im Prinzip nochmal geclustert, kann man sagen. Es gibt 17 Sustainable Goals, also 17 Ziele und in 8 dieser 17 Ziele sind Inklusionsunternehmen verortet, so will ich es mal vorsichtig sagen. Diese 8 Ziele werden dann auch nochmal dort geclustert und es wird den Leuten zum Beispiel sehr anschaulich erklärt, was menschenwürdige Arbeit überhaupt bedeutet. Was gehört dazu? Gesundheitsförderung zum Beispiel, Wohlergehen, soziale Einbindung habe ich vorhin auch schon mal gesagt, motivierende Tätigkeiten hat Canan schon gesagt, das Thema Bildung kommt dann nochmal, das Recht auf Bildung zum Beispiel, Bildungsangebote und Entwicklungsmöglichkeiten. Das ist in Stichworten, das ist nicht großartig viel Text, das kann man gut mal sehen. Da findet man auch dieses Thema Arbeitslosigkeit usw. Wir haben ja nach wie vor auch diese Themen, “Einkommen mit marktüblichem Lohn” zum Beispiel. Viele schwerbehinderte Menschen bekommen gar keinen marktüblichen Lohn, werden “nur” nach Mindestlohn bezahlt – es ist nicht so, dass das kein anderer Mensch hier in Deutschland nicht hat – aber auch diese Themen…. bei uns geht ja Zahlung häufig auch nach Ausbildung. Das haben wir vorhin schon mal gesagt, viele schwerbehinderte Menschen haben gar keine Ausbildung, das heißt, damit sind sie dann automatisch immer im Mindestlohnsektor unterwegs. All solche Themen werden dort angesprochen. Da geht es auch nochmal um Kundenbeziehungen und was machen wir mit unseren Gewinnen, sofern wir welche haben, wofür werden die eingesetzt usw. Und all das sind natürlich wichtige Dinge, die wir im Sinne der sustainable Goals erfüllen und das hilft natürlich auch anderen Unternehmen, die ja in der Regel in diesen Bereichen – das ist ja nicht deren Kernkompetenz – mit unserer Hilfe dann teilweise auch Nachhaltigkeitsziele erreichen könnten. 

Canan: 

Sehr spannend. Nun komme ich zu meiner abschließenden Frage, liebe Uta. Was siehst Du aktuell als die größte Herausforderung zum Thema Inklusion? 

Uta: 

Die größte Herausforderung… ja… Also, wenn es so ist, wie wir jetzt auch beispielsweise in dieser Inklusionsinitiative besprochen haben, und wir stellen alle mehr schwerbehinderte Menschen ein, dann gibt es ja auf dieser Erde bald nur noch Inklusionsunternehmen und das wäre eine großartige Vorstellung…. aber auch die größte Herausforderung. 

Doris: 

Was meinst Du, wie können Unternehmen, die tatsächlich jetzt sagen, ich möchte einen Menschen mit Schwerbehinderung einstellen, aktiv starten, um das zu realisieren? Was ist deren erste Handlung? 

Uta: 

Sie brauchen als erstes mal einen Arbeitsplatz. Damit geht’s mal los. Sinnvollerweise definieren sie ein Arbeitsgebiet, in dem dieser schwerbehinderte Mensch tätig sein könnte oder sollte. Dann ist der einfachste Weg, den kennen viele auch, sich an die Agentur für Arbeit zu wenden. Oder sie wenden sich an die Inklusionsämter oder an die entsprechenden Fachdienste – hier in Münster gibt es ja einen Integrationsfachdienst, daran kann man sich auch wenden. Dieser hat natürlich eine Bandbreite von schwerbehinderten Menschen. Wenn ich das nicht möchte, dann wende ich mich an die IHK. Die IHK hat jetzt hier in Münster zumindest auch ganz frisch Inklusionsberater und diese sollten einem auch weiterhelfen können. 

Doris: 

Das ist wunderbar. Das heißt, wir werden erst einmal die Wirkungsstudie, dann am besten auch den Link zur IHK sowie zur Agentur für Arbeit einfach mit in die Shownotes packen, damit die, die den Podcast hören, direkt unten auf den Link klicken können und ihnen auf jeden Fall in der Richtung geholfen wird.  

Du hast das Thema der Visionen gerade angesprochen, dass es total toll wäre, wenn jedes Unternehmen ein Inklusionsunternehmen wäre. Wir haben jetzt viele Zuhörende, die wahrscheinlich gerade kein Inklusionsunternehmen führen oder vielleicht gerade erst das Thema der Inklusion in Betracht ziehen, hast Du einen zentralen Satz, den du den Zuhörenden zur Ermutigung als Tipp mitgeben kannst, um zu wissen, ich bin auf dem richtigen Weg. 

Uta: 

Wir müssen – und das wäre mein Wunsch – uns alle viel mehr öffnen und wir brauchen viel mehr Akzeptanz. Jeder Mensch ist wichtig, insbesondere, wenn wir jetzt an den Arbeitsmarkt denken. Wir brauchen demnächst jeden Mann und jede Maus. Wenn wir uns das vor Augen halten, glaube ich, dann sollte es uns ganz leichtfallen, jeden Menschen so zu akzeptieren, wie er ist und vielleicht auch mit seinem Handicap. Nur weil wir keinen Schwerbehindertenausweis haben, heißt es ja nicht, dass wir nicht auch ein Handicap haben. Jeder von uns hat, glaube ich, auch ein Handicap. 

Doris: 

Jeder von uns hat ein Päckchen zu tragen, ganz genau.  
Vielen herzlichen Dank für diesen wunderschönen Satz am Ende. Er ist monsterlang, aber genau richtig. 
Und vielen Dank fürs Zuhören. Vergesst nicht, uns zu abonnieren und hinterlasst gerne eine Bewertung. 
Hast Du auch Lust, uns wie Uta Deutschländer in einem Kajütengespräch zu erzählen, wer Du bist und was Du machst, dann melde Dich bei uns unter 

www.neue-hanse-bc.de 

Bis zum nächsten Mal, bleibt neugierig und auf Wiederhören.  
Hanseatische Grüße 
Doris und Canan 

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Und hier habt ihr auch die Links zur Wirkungsstudie, die von Uta Deutschländer angesprochen wurden: 

www.bag-if.de/studie-mehrwirkung/ 

www.bag-if.de 

www.ihk.de/nordwestfalen/bildung/fachkraeftesicherung/inklusion-5742864