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Ahoi und herzlich willkommen bei den Kajütengesprächen des Neue Hanse Business Clubs. Mein Name ist Doris Stegemann und zusammen mit Canan Ramrath unterhalten wir uns mit Michael Eisenreich über seinen Werdegang, seine jetzige Position und seine Erfahrungen zum Thema “Mitarbeitende, Marketing und Nachhaltigkeit”. 

Also, rein in die Kajüte und los geht’s! 

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Ahoi, lieber Michael Eisenreich, ich freue mich sehr, dass du heute bei uns in der Kajüte zu Gast bist. Erzähl doch mal unseren Zuhörenden, wer bist du denn? 

Michael: 

Ja, wie ihr schon so schön gesagt habt, Michael Eisenreich mein Name. Wer bin ich? Ich bin jemand, der seit 14 Jahren in diesem “Irrenhaus” Zeitarbeit umherschwirrt und, wie man so schön sagt, der Sklaventreiber. Nein, das war Spaß. Ich bin jetzt seit 14 Jahre in dem Business und komme eigentlich so ganz klassisch aus dem kaufmännischen Bereich und habe mir auch nichts Böses dabei gedacht. Nachdem ich nach drei Tagen die Schornsteinfegerausbildung hingeschmissen habe, bin ich im kaufmännischen Bereich gelandet und bin dann dort schon während der Ausbildung irgendwo in der Personalabteilung liegengeblieben. Das zog sich dann mein ganzes Leben so weiter, so dass ich dann über Umwege irgendwann in die Zeitarbeit gerutscht bin, ohne dass ich davon überhaupt eine Ahnung hatte und auch nie wollte, dass ich da mal reinkomme und bin seitdem dort hängengeblieben und will auch gar nicht mehr weg. Ich bin jetzt schon 40 Jahre alt. Warum ich aus der Branche nicht weg will oder warum ich mich da auch nicht wegdenken kann, ist einfach. Man hat mit so vielen Menschen zu tun und, wie wir auch schon mal gesagt hatten, mit so vielen Schicksalen. Das macht es irgendwie spannend. Kein Tag, seitdem ich in der Branche bin, ist planbar oder konnte irgendwie planbar abgewickelt werden. Es passiert immer etwas anderes, gerade wenn man mit Menschen zu tun hat. Es ist schon sehr spannend, auf was man da alles trifft und was alles passieren kann an so einem Tag. Gerade in der Personaldienstleistung gibt es Dinge, die glaubt einem kein Mensch, der nicht selbst mit dieser Branche zu tun hat. 

Canan: 

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Bevor wir jetzt über Beispiele sprechen, was alles Spannendes passieren kann, vorab die Frage: Wer ist denn der private Michael? Magst du uns dazu etwas erzählen? 

Michael: 

Der private Michael, das ist der verheiratete Michael mit einer zweieinhalbjährigen Tochter, die auch schon seit knapp zweieinhalb Jahren ihren eigenen Charakter hat und mich sehr gut widerspiegelt. Also, ich sag zu Hause mal gern, die Kleine ist mein absoluter Endgegner, die Kleine. Also die absolute Endstufe zu mir, nein…. Der private Michael ist eigentlich so ein komplett anderer als im Berufsleben.  

Ich habe schon früh festgestellt, dass Privat und Beruf bei mir zwei komplett verschiedene Welten sind. Privat entscheide ich ganz anders als im beruflichen Bereich, viel emotionaler und in vielen Dingen betroffener. Beruflich kann ich Dinge immer sehr sachlich sehen, das nimmt mich nicht wirklich mit. Es beschäftigt einen, aber privat ist das nochmal etwas ganz anderes. Früher war ich fußballerisch aktiv, habe 14 Jahre in einem Verein gespielt, im Fitnessstudio trainiert, irgendwann Fußball komplett aufgegeben, weil die Verletzungen zum Berufsleben nicht mehr in Relation standen. 

Und privat ist mein Leben, muss man sagen, “sehr langweilig”. Also, wenn ich manchmal drüber nachdenke, was ich so im Privaten mache, ist das schon positiv öde. Ich gehe nicht feiern, ich gehe nicht weg, ich treffe mich ab und zu mit Freunden, wenn es die Zeit dann zulässt, aber in der Regel ist dann wirklich nach Feierabend Familie, Tochter dran und dann hört es auch schon auf.  

Canan: 

Das ist doch auch der Lauf der Zeit, dass man in den 20ern ganz anders unterwegs ist als in den 30ern und 40ern. 

Michael: 

Es gibt immer so ganz klassisch diesen Begriff “Heimscheißer”, aber das trifft es ganz gut. 

Canan: 

Das musst du unseren Zuhörenden aber mal erklären, was du damit meinst. 

Michael: 

Mich trifft man sehr oft zu Hause an oder im Fitnessstudio, das ist immer so das gewohnte Umfeld. Entweder bin ich im Büro, im Fitnessstudio oder zu Hause. Ich bin selten bei Freunden, zu selten, muss man aber auch sagen, leider. Aber ich bin gern zu Hause. Es gab in der Vergangenheit so Zeiten, wo viele immer dachten, irgendwas stimmt doch nicht. Mensch, dir kann es doch nicht gut gehen, du musst mal raus. Und ich dachte mir, nein, ich muss nicht raus, ich bin zu Hause und ich fühle mich wohl und mit mir ist auch alles in Ordnung, wenn ich um 19.30 Uhr schon im Bett liege und einen Film gucke. Man durfte sich da schon alles anhören. Oder wenn man dann mal drei oder vier Monate lang keinen Alkohol trinkt, dann ist auch irgendwas nicht in Ordnung. Doch, es ist alles Ordnung. Da kann ich auch jedem die Angst nehmen, dass mit mir etwas nicht stimmt. Alles ist gut. Das ist das, was ich deklariere als “Heimscheißer”. Ich bin gerne zu Hause, ich bin gerne bei mir in meinem Bett und gucke dann irgendeine Serie oder habe den Laptop auf dem Schoß und damit geht’s mir dann wirklich gut.  

Canan: 

Was ist da verkehrt dran, Michael? Das ist doch eine tolle Sache, denn du hast für dich Wege gefunden, um glücklich zu sein. Heutzutage, wenn man sich die Medien anguckt, sieht man sowieso viel Negatives. Aber wenn du für dich tatsächlich die Ziele oder die Fokusse so setzt, dass du zufrieden bist mit dem, was du machst, dann ist das doch eine tolle Sache. Und deine Familie freut sich. 

Michael: 

Ja, sollte sie. (Lacht) 

Canan: 

Wie sieht denn deine tagtägliche Arbeit aus? Erzähl doch mal aus dem Alltag und auch eine von den Geschichte, die du gerade angeteasert hast. 

Michael: 

Oh je, so ein Alltag, wie sieht der aus? Also, der erste Gang am Morgen ist eigentlich nicht, so wie bei anderen, der Weg zur Toilette, sondern erstmal ans Handy, um zu gucken, ist die Welt in Ordnung? Und wenn das dann so ist, macht man sich in Ruhe für die Arbeit fertig und fährt dann ins Büro und führt schon das eine oder andere Telefonat, was vielleicht noch anfällt. 

Im Grund ist es am Tag dann so: Um 9.00 Uhr merken, dass die Termine heute nicht so einzuhalten sind, wie geplant, und entsprechend reagieren. Das ist so, wenn man mit Menschen zu tun hat. Ich bin Geschäftsführer einer Personalüberlassungsfirma für das Gesundheitswesen, hauptsächlich für die Alten- und Krankenpflege. Das ist so eine Welt für sich. Das ist herausfordernd, denn sie hat ihre eigenen Gesetze. Ich kenne alles, vom kaufmännischen Bereich über den Lagerbereich bis zum Produktionsbereich. Der Pflegebereich war vor eineinhalb Jahren relativ neu und ich habe viel Respekt davon, denn hier kommt es auf ganz andere Punkte an. Es ist so, dass man den ganzen Tag eigentlich nur auf Dinge reagiert, die passieren.  

Wenn man dann von seinen Mitarbeitenden widergespiegelt bekommt, wie es so in Gesundheits-einrichtungen läuft, da sieht man schon gravierende Unterschiede. Von Häusern, die wirklich top organisiert sind, gibt es keine Probleme und jeder ist hellauf begeistert, bis hin zu Häusern, wo man sich fragt, warum diese eigentlich noch existieren? Warum wird das geduldet? Da gibt es viele Geschichten, die so tagsüber passieren, und Planungen, die dann umgeworfen werden. Von daher ist das generell mehrfach am Tag immer ein Bergauf und Bergab. Um 9.00 Uhr bricht die Welt zusammen und um 9.30 Uhr ist die Welt wieder in Ordnung, um 10.15 Uhr bricht sie erneut zusammen, um 12.00 Uhr ist sie untergegangen und um 13.00 Uhr merkt man, hey, es ist doch eigentlich alles ganz in Ordnung, jetzt könnten wir eigentlich Feierabend machen, bis dann um 13.30 Uhr wieder etwas über den Haufen geworfen wird. Ich sag mal, man muss so “positiv bekloppt” sein, um diesen Job wirklich über viele Jahre so auszuführen, ohne selbst “einen an der Waffel” zu haben. Das macht es spannend. Von daher kann ich nicht sagen, mein Alltag sieht jeden Tag gleich aus, außer morgens der Gang zum Handy. Der ist jeden Tag gleich, der wird sich auch nicht ändern. Abends vor dem Schlafengehen ist es genauso. Ich muss nochmal aufs Handy gucken, ob alles intakt ist, sonst könnte ich nicht schlafen. Den Rest kriege ich irgendwie einfach hin. 

Canan: 

Das finde ich toll. Erzähl doch unseren Zuhörenden mal, wie bist du überhaupt zu der Firma gekommen? 

Michael: 

Eigentlich sehr lustig. Mich hatte auf LinkedIn die Schwester vom Gründer und Inhaber angesprochen, ob ich denn nicht Lust hätte, zu wechseln. Ich hatte dezent abgesagt mit der Begründung, dass ich gerne selbst einen Vorgesetzten hätte, der aus der Branche kommt. Ich kam damals nicht aus der Branche, deswegen habe ich dann gesagt, nein, ich glaube, dass passt so nicht. Darauf war die Antwort, ach, schade. Eigentlich brauchen wir nur jemanden, der Arbeitnehmerbelastungserfahrungen hat, aber na ja, Ihnen auch alles Gute. Und zwei Stunden später war dann meine Antwort, wir können ja mal telefonieren. 

Canan: 

Hat es dich dann doch so neugierig gemacht? 

Michael: 

Das sind so Kleinigkeiten, die da passieren, wie so oft. Bei meinem vorigen Arbeitgeber war wirklich alles toll, auch ein familiärer Umgang, man wollte auch nie weg und die Trennung war auch mit nassen Augen verbunden, muss ich sagen. Aber es sind so kleine Dinge passiert, wo ich dachte, ich höre mir das einfach mal an. Du weißt ja nie, was dabei herauskommt, und sprechen kann man immer, es kostet ja nichts. Das Telefonat war gut. Dann kam es zu einem persönlichen Gespräch. Das war in Frankfurt-Niederrath. Wer es kennt, weiß, was er damit verbindet. Ich bin also hingefahren. Das war so ein Seitenbüro. Ich habe mich für den Termin extra noch am Eingang der Straße umgezogen. Es wäre sonst etwas auffällig gewesen, wäre ich in dem Outfit morgens zur Arbeit gekommen. Ich bin also reingegangen und schon anhand des Türöffnens durch die Mitarbeiterin gemerkt, dass mein Ansprechpartner unseren Termin anscheinend vergessen hat. Es gab dann ein kurzes Telefonat, es täte ihm leid, man könne aber gerne einen neuen Termin ausmachen, wann und wo bliebe mir überlassen. Es war eigentlich alles zum Scheitern verurteilt. Trotzdem bin ich dann doch noch zum “Zweitgespräch” gekommen und habe mich dann dafür entschieden, da ich die Firma spannend fand und den Inhaber sowieso. Ich habe gemerkt, dass es funktionieren könnte, und diese Firma auf Grund der Struktur, wie man vorging, gar nicht den Erfolgt haben dürfte, den sie hat, einer Herausforderung war. Ich habe sofort gesehen, wo man ansetzen und was man alles machen kann. Das war für mich eine Spielwiese im positiven Sinn, wo man sich komplett entfalten kann. Die Frage dahinter ist immer: Kann man sich entfalten? Man kann durch sowas auch ganz schnell ins Negative rutschen, wenn man Fehler oder Verbesserungen aufzeigt. Genau das Gegenteil war der Fall. Es war dann für mich eher schockierend, mitzubekommen, dass die Dinge, die ich gesehen habe und ändern wollte, viel schneller umgesetzt wurden, als ich gedacht hatte.  Also habe ich eigentlich alles richtig gemacht, auch wenn es anfangs zum Scheitern verurteilt war und eigentlich alles dagegengesprochen hat. Das ist bis heute eine Erfolgsstory und ich muss sagen, ich habe auch seitdem keinen einzigen Tag bereut.  

Canan: 

Seit wann bist du dabei? Was hast du denn schon alles gemacht, dass das so schnell umgesetzt wurde? 

Michael: 

Also, dabei bin ich seit November 2022, das war mein Start und eigentlich ging hier alles als Regionalleiter los. Da war ich eigentlich “nur” dafür zuständig, weitere Niederlassungen aufzubauen, zum Beispiel in NRW, in Berlin und bis nach Bayern. Das war eigentlich mein Job, sprich, Personal finden, Niederlassungen hochziehen und damit die Firma vergrößern. 

Canan: 

Und dann? 

Michael: 

Dann kam alles anders als geplant. Es war dann schnell klar, das mit dem Aufbau der neuen Niederlassungen wird erstmal nichts. Ich räume erstmal intern komplett auf und ändere die Struktur. 

Canan. 

Aha, was hast du alles gemacht? 

Michael: 

Wir haben die komplette Disposition optimiert, unter anderem auf Grund dessen, was ich für Erfahrungen von meinen vorigen Arbeitgebern mitgebracht habe. Wir haben Dinge, wie zum Beispiel eine ordentliche Plantafel, eingeführt. Wir haben Dokumente im System erstmal erstellt und eingespielt, damit alles automatisiert rausgeht. Der klassische Fall war, wir brauchen eine Kündigung oder eine Abmahnung. Ok, Moment, ich mach mal eben meine Desktop-Datei auf. Was machst du jetzt? Ich trage jetzt die Daten aus dem System ein usw. Ich glaube, mehr muss ich gar nicht dazu erzählen. Sowas kann doch gar nicht wahr sein, das muss doch alles ins System. Also war ich erstmal so drei bis dreieinhalb Wochen damit beschäftigt, die Dokumente zu erstellen, diese ins Online-System einzuspielen, damit alles erstmal automatisiert läuft, damit man alles nachvollziehen kann, wer da was gemacht hat, und eigentlich während des gesamten Geschäftsablaufs das komplette Unternehmen von links nach rechts zu drehen – ob es jetzt das interne Personal war, das wir ausgetauscht haben, oder die Entscheidung, Disponenten mit Erfahrung zu holen, ob wir Strukturen geändert oder die Plantafel an die Wand gehängt haben, ob wir schon einige Male die Sitzordnung oder Vorgehensweisen geändert haben, montags eine tolle Idee hatten, dienstags gemerkt haben, dass diese schlecht war und es mittwochs wieder umgeändert haben. Was aber schon immer unsere Stärke war, ist, einfach sofort auf Dinge zu reagieren, die nicht funktionieren. Wir machen da nicht donnerstags ein Meeting und am besten nochmal einen Workshop und dann fliegen wir nochmal in die Schweiz und wandern in den Bergen und finden uns alle selbst und danach tanzen wir alle unseren Namen und stellen dann fest, dass doch nicht alles funktioniert. Nein, wir ändern es dann einfach um. Mein Einstieg in ein morgendliches Meeting war zum Beispiel mal, das, was ich am Vortag gesagt hatte, zurückzunehmen und zu erklären, dass wir es anders machen müssen. Es geht aber auch jeder diesen Weg mit und hat sich darauf eingelassen. Und das macht es so spannend hier im Team. Das hätte auch durchaus nach hinten losgehen können, nämlich dass auch Mitarbeitende ihren Job aufgeben und sagen, weißt du was? Das ist uns zu viel, heute so, morgen so, übermorgen wieder so. Aber jeder ist das wirklich mitgegangen oder hat mich dann auch machen lassen. So hat sich das dann schnell entwickelt – vom Regionalleiter zum kaufmännischen Leiter/Regionalleiter und jetzt seit November letzten Jahres auch zum Geschäftsführer.  

Canan: 

Das hört sich gut an. 

Michael: 

Danke. Hätte mir das einer vor eineinhalb Jahren gesagt, hätte ich gesagt, niemals. Aber man sieht, wie es funktionieren kann, aber auch, und das muss man ehrlich sagen, mit dem richtigen Vorgesetzten, in dem Fall auch Partner, der einen gewähren lässt und sagt, pass mal auf, ich vertraue darauf, was du sagst. Woanders ist man schnell mal abgestempelt als Meckerbär, der sieht ja immer alles schlecht. Die Erfahrungen habe ich dann eher gemacht. Der hält uns immer nur klein und dem ist eh nie irgendwas recht. Das ist immer ein ganz schmaler Grat und hier habe ich 100 % Narrenfreiheit gehabt, muss man wirklich sagen. Da kann man sich dann auch entfalten. Ich glaube, ich habe noch nie so viel gearbeitet, wie in den letzten eineinhalb Jahren, aber es hat sich auch noch nie so wenig nach Arbeit angefühlt. Ja, körperlich sieht man es schon, also, es ist jetzt nicht so, dass ich 5 kg abgenommen habe oder habe jetzt so einen Astralkörper, im Gegenteil. Ich bin zwar erst so kurz dabei, aber es fühlt sich für mich an wie eine Lebensaufgabe und auch wie mein Baby mittlerweile, auch wenn ich das Ding hier nicht gegründet habe. Das ist, glaube ich, die richtige Bestätigung für einen selbst, dass man alles richtig gemacht und auch richtig entschieden hat. Da ist man auch mit Herzblut dabei.  

Canan: 

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Wir haben einige Interviewpartner in der letzten Zeit gehabt, die tatsächlich auch so Geschäftsführer sind, aber die halt auch von den Inhabern absolut gefördert wurden, wie du, und wenn man eine solche Situation hat, dass du die absolute Narrenfreiheit hast, um das mal mit deinen Worten auszudrücken, dann macht das halt auch Spaß. Dann ist das ja schon fast ein “Hobby”. Dann hast du auch die Möglichkeit, vieles zu bewirken und natürlich auch die Mitarbeitenden zu motivieren. Wie viele Mitarbeitende habt ihr in dem Team, in dem du arbeitest?  

Michael: 

Wir sind 17 Leute hier in Frankfurt. Das ist auch alles in einem Büro. Wir haben die Disposition, wir haben den Vertrieb, das Recruiting, wir haben die Buchhaltung, wir haben das Controlling. Alle sitzen hier, wir sind nicht auf mehrere Gebäude aufgeteilt. Also, ein Büro weiter sitzt dann die Disposition und wenn man was hat, geht man einfach rüber und bespricht das. Ich muss hier niemanden anrufen oder schicke irgendwelche Rundmails oder sowas. Es ist hier wirklich ein sehr enges Miteinander, denn eine Abteilung kann nicht ohne die anderen arbeiten. Das ist auch das, was ich von Anfang an immer allen klar gemacht hab. Es gibt so einen Uralt-Witz. Die Abteilungsleitung ist nicht da, das merkt kein Schwein, aber wenn die Putzkraft nicht da war, das merken alle. Und genauso ist es hier auch. Der eine kann ohne den anderen nicht arbeiten. Wenn zum Beispiel die Disposition nichts macht, dann hat die Buchhaltung nichts zu tun. Deswegen braucht die Buchhaltung nicht über die Disposition ablästern, dass ständig irgendwas fehlt. Das haben wir relativ schnell hinbekommen und verinnerlicht, dass es – auch zum ersten Mal in meinen Leben – wirklich so ist, dass hier gar keine Zeit für irgendwelche Intrigen ist oder irgendwelche Grüppchenbildung oder – was man von anderen Unternehmen so kennt oder kannte – dass sie sich dann abends anrufen und über Kollegen tratschen. Das ist alles sehr offen, sehr transparent und auch sehr direkt. Wir besprechen alles gemeinsam in der Firma, denn am Ende betrifft jede Entscheidung, die ich oder mehrere im Team zusammen treffen, immer alle. Keiner ist davon befreit, also macht es auch keinen Sinn, irgendetwas geheim zu halten, sondern man holt sie immer alle zusammen. Ich habe manche Ideen, aber es ist weniger ein “Ich entscheide das jetzt als”, sondern “Hört mal zu, ich habe die und die Idee, was haltet ihr denn davon? Wie seht ihr das?” oder “Wie war denn eure Erfahrung mit dem, was wir letzte Woche geändert haben?”, um mir einfach nochmal ein Feedback zu holen, ob das Sinn gemacht hat oder ob es andere Ansätze gibt. Ich glaube, dass das auch jeder intern schätzt, dass er mit allem auch immer zu mir kommen kann. Es hat jetzt keiner Angst vor mir, mit Veränderungen oder Änderungsvorschlägen oder was auch immer, zu mir zu kommen. Und wir haben alle schon mal etwas falsch gemacht, das muss man schon echt sagen. Aber auch daraus wird kein Geheimnis gemacht. Es weiß immer jeder Bescheid, ob etwas positv oder negativ läuft oder wer jetzt gerade so ein bisschen nicht so den positivsten Lauf hat. Aber man zieht sich hinterher gegenseitig damit auch etwas auf, dass man nicht das Gefühl hat, man fliegt gleich raus oder man kriegt eine Abmahnung oder sonst irgendwas. Das ist auch ganz wichtig. Der größte Running-Gag ist – ich nenne jetzt keine Namen – hier wurden schon Plastikblumen gegossen. Das wird sich die Person auch noch in drei Jahren anhören müssen, dass diese so schön blüht und so schön grün ist, weil er sie gegossen hat. Aber das meine ich damit. Klar, wir haben Hierarchien, aber es ist nicht so, wie man es aus anderen Unternehmen kennt. Man lacht zusammen und genauso geht man dann auch mal zusammen durch die Hölle. Aber es gibt dann auch direkt auf den Deckel. Und das macht es so besonders hier.  

Canan: 

Was ist aus euren Plänen geworden zu expandieren, weswegen du ja ursprünglich eingestellt worden bist? 

Michael: 

Genau sowas, eben nix. Das hat immer nur den Hintergrund, dass wir gemerkt haben, es läuft super von Frankfurt aus. Wir haben in Düsseldorf ein Büro gegründet. Wir hatten dort auch einen Mitarbeitenden, den wir als Niederlassungsleiter eingestellt haben und wollten da ein Team aufbauen. Wir haben dann aber festgestellt, dass das “in Nordrhein-Westfalen vor Ort sein”, was das Leben einfacher machen soll, eigentlich viel komplizierter machte. Unsere Fachkräfte, die extern arbeiten, haben zu 80 – 90 % einen Dienstwagen. Das führte aber irgendwann zu der Frage, muss ich denn zum Dienstwagenabholen nach Frankfurt kommen? Nein, wir bringen es nach Düsseldorf. Das hatte zur Folge, dass das Fahrzeug in Düsseldorf blieb, obwohl es in Frankfurt gebraucht wurde. Das ist nur ein Beispiel von vielen, die dazu geführt haben, dass wir nur noch irgendwelche Sachen hin- und hertransportiert haben, aber keine Manpower aufgebaut haben. Man hat von NRW aus dann verwaltet, aber mehr auch nicht. Aufgebaut haben wir weiterhin in Frankfurt. Wir haben also dadurch schnell festgestellt, dass wir deutschlandweit super von Frankfurt aus die Leute einstellen und verwalten können. Alles läuft zentral und wir brauchen nicht, wie andere Firmen, überall ein Büro. Die Leute kommen eh nicht vorbei, um irgendwelche Stundenzettel abzugeben. Das schicken sie alles digital. Und wenn ein Mitarbeitender mal ins Büro kommt, dann hat das meistens nichts Gutes, sondern dann hat man mit diesem etwas zu klären. Ansonsten wollen sie einfach ihre Arbeit machen, schicken ihre Stundenzettel, bekommen ihren Lohn und fertig. Und ich muss sie nicht ins Büro einladen, nur um zu sagen “Hallo, denk dran, ich bin dein Arbeitgeber. Fühlst du dich bei mir wohl? Finde ich toll, dass du dir jetzt vier Stunden Zeit genommen hast, um hierher zu fahren, so haben wir uns mal gesehen. Hier nimm deinen Kaffeebecher, du darfst wieder gehen.” Der denkt doch auch, ich sei verrückt. Diese Zeiten sind einfach rum. Ich glaube, es ist heutzutage einfach wichtig, dass man die Leute ordentlich behandelt, dass sie ein ordentliches Onboarding haben, dass sie top ausgestattet werden – das ist in der Regel ein ordentliches Auto, ein ordentlicher Rucksack, ein ordentlicher Kaffeebecher. Bis heute erkläre ich ihnen immer ganz gerne, dass es ein riesiges Projekt war, diesen Kaffeebecher zu organisieren. Einen Kaffeebecher bestellen, das können wir alle, aber so ein Thermobecher, der dann auch hält und dicht ist und unter jede Kaffeemaschine passt, das ist so ein richtiges Projekt von zwei Wochen. Dabei ist auch viel Geld für die ganzen Kaffeebecher vom Action draufgegangen, die wir dann mal gekauft haben, um festzustellen, dass diese qualitativ ungeeignet sind.  Ich erzähle das dann auch. Jeder lacht sich kaputt, wenn ich meine Kaffee-Thermobecher-Story erzähle, auf die ich stolz bin, weil ich immer sage, hey, das hat einfach mal lange gedauert, aber der ist echt toll. Den kannst du waschen und der passt unter jede Kaffeemaschine. Das ist nämlich auch so ein Thema, jetzt kommt’s – Achtung, Spoiler – der sollte nicht zu groß sein, damit er auch unter die Industriemaschinen passt. Das ist nämlich immer die größte Hürde, weil quer halten klappt da nicht, und dann wird mal schnell so ein Projekt “Kaffeebecher” zu einer riesigen Nummer, von der ich wahrscheinlich in 5 Jahren noch erzähle. 

Canan: 

Du solltest vielleicht den Zuhörenden auch mal erzählen, welcher es denn dann geworden ist. Du hast ihn jetzt so angepriesen und die Leute neugierig gemacht. Du kannst den Zuhörenden vielleicht zwei Wochen Arbeit ersparen. Herzlichen Glückwunsch und der Kaffeebecher heißt? 

Michael: 

Wir können ja ein Gewinnspiel daraus machen. Wer sich bei mir meldet…. (lacht). 

Wie beschreibt man den? Es ist halt ein schöner Thermobecher geworden. Wer Interesse hat, kann mir gerne eine E-Mail schreiben, ich schicke ihm dann gerne mal ein Bild oder sogar einen Thermobecher zu. 

Canan: 

Vielleicht schickst du mir auch mal ein Bild von deinem Thermobecher, da bin ich aber echt mal gespannt. Das können wir dann vielleicht in das Bild des Podcast mit einbauen. 

Michael: 

Ja, das ist nicht schlecht, denn er hat tatsächlich die Unternehmensfarbe von außen und es ist der Firmenname eingraviert. Also, das können wir gerne machen. Selbst intern werde ich damit noch aufgezogen. Ja, jetzt kommt wieder die Geschichte über seine Kaffeebecher – ja, aber sie finden den alle toll. Da weiß man, man hat alles richtig gemacht. 

Canan: 

Wir sind schon beim richtigen Thema. Was tut ihr den Mitarbeitenden Gutes, sowohl denen, die bei euch im Unternehmen sitzen, als auch denen, die bei euch im Außeneinsatz sind. 

Michael: 

Ich glaube, das lässt sich so pauschal gar nicht sagen. Was wir allen geben, ist tatsächlich, was heute noch sehr selten ist, Menschlichkeit. Wir sind ehrlich, es ist die Empathie. Klar, ich könnte jetzt aufzählen, wir geben ihnen einen tollen Rucksack, wir geben ihnen den besagten Kaffeebecher, der, kann ich gerne nochmal erklären, unter jede Kaffeemaschine passt wohlgemerkt, einen tollen Stift mit vier Farben, aber das ist es am Ende nicht. Ich glaube nicht, dass irgendjemand in einem Unternehmen bleibt, weil er sagt, ich habe da einen tollen Kaffeebecher bekommen und einen Vier-Farben-Stift, sondern es ist, glaube ich, dieses – habe ich irgendwann im Vertrieb mal gelernt – “Was machst du denn anders als der Rest?” Im Grunde gar nichts, aber er wird niemals mich als Mensch bekommen oder als Verkäufer in dem Fall. Und so sind wir als Arbeitgeber am Ende auch. Es gibt viele Firmen, die zahlen bestimmt einen Euro mehr, das mag alles sein, aber kommt der Lohn pünktlich, sind sie immer erreichbar, haben sie einfache Wege, wie reagieren sie, wenn ich was habe? Ich glaube, das macht es so besonders. Das könnte ich jetzt gar nicht mal so gezielt in Worte fassen. Sowas muss man einfach erleben. Man merkt das ja an der internen Fluktuation, daran mache ich es immer fest. Eigenkündigungen haben wir tatsächlich nur eine. Der liebe Moritz, den Vornamen darf man ja nennen, vielleicht hört er ja zu, hatte immer knapp zwei Stunden Anfahrtsweg hierher, da er keinen Führerschein besitzt. Er hat dann bei sich im Ort etwas gefunden. Er war der Erste und Einzige bis dato, der von sich aus gekündigt hat, aber nur aus dem vorgenannten Grund. Ich glaube, den meisten externen Mitarbeitenden wird man es eh nie recht mache. Das ist einfach so. Das merkt man auch am Lebenslauf. Das sind oft irgendwelche Hopper, die wegen 50 Cent oder einem Euro mehr von Firma zu Firma hüpfen, aber sie kommen auch nie richtig an. Aber wir haben auch genug, die immer wieder zurückkommen und sagen, ich habe meine Erfahrungen gemacht, es tut mir leid, ihr hattet recht und eigentlich fühle ich mich bei euch wohl. Ihr habt euch immer gekümmert. Das ist halt nicht immer einfach und das gibt einem am Ende recht. Das Schönste ist eigentlich, wenn man zu jemandem sagen kann: Du, pass auf. Bis hierher und nicht weiter. Geh deinen Weg, geh woanders hin, ich kann dir das nicht geben, was du willst. Die Erfahrung habe ich schon immer gemacht, mit einem Nein oder einfach mit ehrlichen Worten kommt man immer weiter. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich jemand meldet, nicht weil er sagt, du warst so toll, sondern einfach nur mit der Aussage, ich bin wieder da, denn du warst einfach ehrlich zu mir. Ich wusste immer, woran ich bin. Das ist halt nicht immer toll, aber so ist es nun mal. Gerade in der Dienstleistung und auch bei der Online-Werbung wird so viel gelogen, was das Gehalt angeht. Wir verfolgen das auch, um zu gucken, sind wir marktgerecht. Da ist so viel Mist dabei. Gerade diese Empfehlungs- und Antrittsprämien, das ist der größte Betrug. Wir machen das alles nicht. Wir wollen das nicht. Warum? Wir müssen a) noch in den Spiegel gucken und b) ich habe keine Lust, hinterher den Mitarbeitenden zu erklären: Das, was ich da geschrieben habe, klingt zwar toll, aber das musst du dir in 8 Monaten auf deinen Stundenlohn verdienen. Und schon hast du die nächste Diskussion. Aber das sollen andere ausbügeln. Was machen wir Besonderes? Man liest immer so, der Obstkorb ist out, damit kriegt man keine Leute mehr. Wir haben keinen Obstkorb, wir haben auch kein geregeltes Mittagessen, was wir bezahlen, und trotzdem passiert es drei bis viermal die Woche, dass wir einfach das Essen übernehmen. Wenn einer etwas braucht, haben wir schon immer alles bestellt. Ob das Equipment ist, ob das Airpods sind. Einer trinkt immer Cherry-Coke, da hatten wir dann absolutes Cola-Verbot. Ich habe gesagt, solange du so verkaufst, wie du verkaufst, kriegst du auch Cherry-Coke. Es gibt kein Gesetz für irgendwas oder irgendwelche Regeln, die wir festsetzen und dann auch einhalten. Es ist alles sehr individuell. Läuft alles gut, geht es allen gut. Läuft es mal wirklich schlecht, und solche Phasen hatten wir auch schon, dann wird halt nicht alles wahllos bestellt. Und dann ist auch der Umgangston nicht immer lieb und nett und man sitzt auch keine Stunde zusammen beim Mittagessen, aber man versucht schon, dass man das irgendwie hinbekommt. Denn das ist auch etwas, was keiner plant. Wir sitzen dann einfach zusammen und im richtigen Moment steht man wieder auf, man kann miteinander lachen und im nächsten Moment schon wieder ernsthaft miteinander umgehen. Dieser Spagat zwischen lustig, privat, Vorgesetzter und doch nicht, das ist auch immer sehr dünnes Eis und da gibt es genug, die das bestimmt ausnutzen. Das haben wir aber gar nicht in dem Ausmaß. Um auf die Frage zurückzukommen, was machen wir besonderes? Ich kann es dir nicht sagen. Ich glaube, wir sind einfach, wie wir sind, und das macht es besonders.  

Canan: 

Und ihr habt eine Unternehmenskultur? 

Michael: 

Ja, die heißt ganz kurz und knapp eigentlich “Leben und leben lassen”. Ob wir das sind, ob das die Externen sind, das ist es eigentlich. Du musst wirklich gucken, was ist denn jetzt gerade vorgefallen, wer hat was, warum verhält sich jemand jetzt so? Das ist es eigentlich – “Leben und leben lassen”. Da muss man halt gucken, dass man das in den Einklang bekommt. Klar, es sind Aufgaben, die man zu erfüllen hat, aber da bringen mir die besten KPIs nichts, wenn jemand mal einen schlechten Tag hat oder sich auf die Arbeit schleppt und einfach nicht fit ist und man sieht es ihm an. Da würde ich ihm niemals einen Strick daraus drehen, weil er heute nicht so performed wie gestern, weil ich froh bin, dass er da ist. Und da gibt es auch genug, die immer wieder meinen, die Zitrone presse ich noch ein bisschen aus. Das mag sein, aber manchmal ist vielleicht ein bisschen weniger pressen auf lange Sicht sinnvoller, als weiter und immer weiter zu pressen. 

Canan: 

Was sind deine Visionen? 

Michael: 

Meine Visionen… Digitalisierung ist auch bei uns ein riesiges Thema. Ich werde oft gefragt, was sind denn eure größten Hürden? Ich glaube, das Problem, was wir oft haben, ist, du hast zu 100 % mit Menschen zu tun. Ich habe nichts zu optimieren auf der technischen Seite. Du kannst gucken, wie du jemandem die Arbeit erleichtern kannst, da müssen aber alle mitspielen. Von daher ist meine Vision, alles ein bisschen automatisierter, schneller und einfacher hinzubekommen, damit es für alle Parteien leichter wird. Es gibt viele Apps, gerade in der Branche, die am Ende zu nichts anderem führen als zu einem Preisdumping. Und diese Spiele spielen wir nicht mit. Ich habe nichts davon, meine Mitarbeitenden für einen Apfel und ein Ei irgendwo anzubieten, weil Kunden sagen, das kann ich nicht. Ja, wenn du es nicht kannst, dann sind wir der falsche Ansprechpartner, ganz einfach. Meine Vision? Es ist schwierig in der heutigen Zeit, das so festzulegen. Ich wünsche mir, dass es für alle einfacher wird und unterm Strich teilweise auch für mich selbst vom Gemüt her weniger, ich nenne es jetzt mal Stress von außerhalb darstellt. Diese Dauerbeschallung mit Blödsinn und Negativem macht es in der Zukunft, meiner Meinung nach, nicht einfacher. Ich wünsche mir, dass man wieder alles ein bisschen positiver sieht. Wir jammern auf einem extrem hohen Niveau, ich nehme mich da nicht raus, und besser geht immer. Aber Visionen? Das ist eine verdammt schwierige Frage. 

Doris: 

Harald Schmidt sagte einmal: “Wenn man Visionen hat, muss man zum Arzt gehen.” 

Grundsätzlich ist das, was du die letzte halbe bis dreivierteil Stunde erzählt hast, genau die Vision, die sich bei dir fortsetzt. Wie du gesagt hast: Es muss einfacher sein und werden für alle Parteien, denn es ist zu 100 % menschlich. Digitalisierung ist eigentlich nur ein Hilfsmittel, um die Menschlichkeit noch weiter hervorzuheben. So kann man das umschreiben. Ich finde, das ist ein super Wort und es ist auch eine super Vision, auch eine super Mission, zu sagen: Mehr Menschlichkeit in der Arbeitnehmerüberlassung. Denn es ist einfach so, dass es ein hart umkämpfter Markt ist. Das hast du gerade super dargestellt, allein schon damit, dass du in einem “Irrenhaus” arbeitest. Du sagtest vorhin, dass du nicht weißt, was dich ausmacht, aber du gehst angstfrei in die Sachen rein. Du bist unvoreingenommen und hast eine super Selbstironie. Du hast einen superwitzigen Sarkasmus dabei und so ein kleines Quäntchen Witz. Das ist eine gute Kombination und ich glaube, das haben die Mitarbeitenden innerhalb des Unternehmens erkannt. Deswegen machen sie auch die ganzen Hakenschläge, die du machst, mit. Denn wir wissen alle, Umwege erhöhen die Ortskenntnis und je mehr man die Umwege läuft, desto mehr Erkenntnis bekommt man für das, was man tut.  

Michael: 

Stimmt, das wollte ich genau so sagen, aber jetzt hast du es ja gesagt. 

Doris: 

Das finde ich total gut, dass wir da so konform gehen. 

Michael: 

Das ist schön. (lacht) Ich brauche eine halbe Stunde und du bringst es in drei Minuten auf den Punkt. 

Doris: 

Das ist mein Job. 

Canan: 

Das kann Doris gut. Das ist nicht nur ihr Job, das ist auch ihr Wesen. Deswegen verstehen wir uns auch so gut als Freundinnen und Geschäftspartnerinnen.  

Doris: 

Und was total spooky ist, ist, dass die eine den Satz anfängt und die andere ihn beendet.  

Also, es ist echt großartig. Du bist Chef einer Truppe, die das Thema “Arbeitnehmerüberlassung” bearbeitet und organisiert. Du bist also am Puls der Zeit. Erstens mal mit den Nöten und Bedürfnissen der Unternehmen und gleichzeitig auch in der Kommunikation mit den Mitarbeitenden selbst. Die Themen “Mitarbeitergewinnung” und “Mitarbeiterbindung” stellen für viele Unternehmen immer wieder Probleme dar. Was denkst du, wo da so ein bisschen der Hase im Pfeffer liegt? 

Michael: 

Ich glaube, das liegt immer an den Personen selbst, dann aber auch wiederum an den Vorgesetzten. Man will vieles, aber dann wieder nicht. Das trifft’s bei vielen auf den Punkt, denke ich. Ich habe das vorhin schonmal angedeutet. Da macht man viele Meetings, holt Verkaufstrainer usw., aber wenn es darum geht, jetzt tatsächlich etwas zu ändern, ist plötzlich keiner mehr da, der mitzieht, weil ja früher eigentlich alles super funktioniert hat. Das ist schwierig und von Unternehmen zu Unternehmen auch unterschiedlich. Manchmal ist es zu aufgeplustert. Da reden zu viele Leute mit, von denen jeder eine andere Meinung hat. Dann will man nichts Neues ausprobieren und es kostet alles Geld. Man versteht nur nicht, dass man auf lange Sicht auf anderen Ebenen viel mehr dafür bezahlt als einfach mal Geld für Neues in die Hand zu nehmen. Ich bin in meinem Leben auf so viele Unternehmen getroffen und ich habe so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt, wo du oft die richtigen Menschen hast, aber im falschen Unternehmen und genauso auch wieder umgekehrt. Ich kann’s dir pauschal gar nicht beantworten. Da trifft so vieles aufeinander, was nicht dazu führt, dass die eigentlich effektiver und gesünder arbeiten könnten. Ich sehe es ja bei meiner Frau jetzt auch. Minimale Dinge sind passiert, dass sie jetzt den Arbeitgeber gewechselt und zum 01.03.2024 einen neuen Job angefangen hat. Sie hat sich immer sehr in ihre Arbeit reingehängt, was ihr von den internen Mitarbeitenden auch immer gedankt wurde und sie auch ein tolles Feedback von Bewerbern bekam etc. Nur das Team selbst und der Vorgesetzte haben nicht auf das gehört, was sie gesagt hat. Es ging um Kleinigkeiten, die nicht einmal Geld gekostet hätten. Es ging ihnen einfach auf die Nerven, dass sie Dinge, die verbessert werden könnten, angesprochen hat, denn es läuft ja irgendwie. Aber dieses “es läuft ja irgendwie” kann nicht der Anspruch sein. Ich würde durchdrehen, wenn ich abends hier rausgehe oder abends ins Bett, wenn ich eine ungelesene E-Mail habe. Das könnte ich nicht, das war schon so, als ich noch Disponent war. Wenn ich Bewerbungen hatte, musste ich die abarbeiten und wenn ich nur eine standardisierte E-Mail rausgeschickt habe, danke für deine E-Mail, ich melde mich morgen früh bei dir. Teilweise kam eine Antwort, ach Sie sind ja so spät noch wach. Ja, extra wegen Ihnen, dann kommen Sie doch morgen früh um 9 Uhr direkt ins Büro. Zack, dann waren die um 9 Uhr im Büro. Das kann man aber keinem beibringen, das ist ein Eigenantrieb, den man haben muss. Und der führt dann dazu, dass die Mitarbeitenden wiederum eingebunden sind, obwohl man eigentlich gar nichts gemacht hat. Ich zahle nicht mehr Geld als eine andere Firma, ich habe dem eigentlich auch gar nichts gegeben, ich habe ihn einfach nur abends um 21.30 Uhr zum Gespräch am nächsten Morgen eingeladen und habe ihm dann erklärt, wie es funktioniert. Ich kann’s dir nicht beantworten. Da trifft so viel aufeinander, gerade in der heutigen Zeit. Man sieht es ja auch online in den ganzen Posts gerade auf LinkedIn. Brauchst du 32 Tage Urlaub, brauchst du 34 Tage Urlaub, führt man um 22 Uhr noch ein Vorstellungsgespräch? Ich muss mich immer zurückhalten, das nicht alles zu kommentieren. Das würde in einem Shitstorm enden, das kann man sich gar nicht vorstellen. Das ergibt sich oder ergibt sich nicht. Ich glaube, es käme sehr komisch rüber, wenn ich einer Bewerberin vorschlage, hey, lass uns am Sonntag um 22 Uhr zum Essen treffen und über den Job sprechen. Ich glaube nicht, dass sie das positiv aufnehmen würde, sondern sie wird denken, was will denn der von mir? Man sollte immer so ein gesundes Mittelmaß finden und seinen Antrieb in ein gesundes Drumherum packen, dann hat das bisher auch immer geklappt. Die Rückmeldung habe ich immer bekommen, das hat es auch immer besonders gemacht. Jemandem zu sagen, wie es geht, das könnte ich wunderbar. Lass mich in so ein Unternehmen rein, gib mir zwei Wochen und dann sage ich ihnen genau, wie es läuft oder wie es zu laufen hat. Das wollen sie aber gar nicht hören, schon gar nicht, dass deren System nicht gut ist, dass drei Angestellte eigentlich zu viel sind und warum man schon wieder ein Meeting macht. Wenn ich schon irgendwo reinkomme und sehe solche Meetingräume in der Mitte von irgendwelchen Teams, da krieg ich schon einen innerlichen Brechreiz und frage mich, wie viele Huddles machen die eigentlich die ganze Woche? Das führt doch zu nichts. Die Problematik haben viele mit diesem “hätte, würde, könnte”, aber die machen es dann einfach nicht. Das wird dann drei Wochen liegengelassen. Da brauchen sie sich nicht zu wundern, dass sie keine… nee, falsch, sie kriegen Bewerber. Bewerbermangel haben sie garantiert alle nicht, das kann mir keiner erzählen. Sie haben das Problem, dass, bis sie reagieren, die Bewerber schon wieder weg sind oder nach drei Wochen keine Lust mehr haben oder gar nicht mehr wissen, wer du eigentlich bist. Und dann jammern sie wieder, ich habe einen Bewerbermangel. Damit rennen sie irgendwann zum Chef, dann müssen wir mal noch mehr investieren und wir brauchen noch eine Kampagne, damit wir noch mehr generieren, die dann auch nicht kontaktiert werden. Gut, da brauchst du dich nicht wundern. Klapper die 5, die du bekommst, ab und vielleicht hast du einen dabei, der wirbt dann noch einen anderen und das Beste, was passieren kann, ist, wenn noch 5 Leute auch noch jemanden mitbringen, denn dann brauchst du weniger in andere Kampagnen zu investieren. Aber wer will das denn hören in seinem gesicherten Job mit seinen 30 Tagen Urlaub, 45 Tage krank im Jahr, juckt ja auch keinen, ich will noch Homeoffice und dann will ich noch meinen Hamster am Freitag mitbringen und meine Katze am Montag. Das du damit nichts erreichen wirst, ist mir schon klar. Aber, wie gesagt, das kann ich jedem in kurzer Zeit erklären. Wenn ich in ein Unternehmen reinkomme und da Sachen höre, kann ich dir genau sagen, woran es liegt, aber, wie gesagt, das will ja keiner hören. Da kommt er wieder, der Querdenker, der Schlechte-Laune-Bär – das habe ich alles schon gehört in meinem Leben – dann fragt mich doch nicht. Ich glaube nicht, dass es am Bewerbermangel liegt. Das ist ein Feedbackmangel und im Gespräch eine Haltung, wo dann der Bewerber zu Recht sagt, wisst ihr was, hier arbeite ich nicht. Da könnt ihr mir noch so viel Geld bieten. Das muss man erklären. Bei uns hat keiner Homeoffice, hier kriegt keiner Homeoffice. Wenn mir jemand sagt, das könnt ihr doch nicht machen, sage ich, doch, das können wir machen und es funktioniert. Es kommt aber auch darauf an, ob die technischen Voraussetzungen gegeben sind, ob er das machen könnte. Aber in der Personaldienstleistungen, da kann mir jeder erzählen, was er will, funktioniert Homeoffice nicht, es sei denn, er ist Dauer-Recruiter. Wir haben auch eine Mitarbeiterin, die das von zuhause aus macht, das ist auch so ok. Aber Personaldienstleistung und sich immer mit anderen abstimmen, das funktioniert nur im Team, in dem man sich gegenübersitzt und mitbekommt, wer mit wem telefoniert, wer frei ist, wer ist krank. Das geht doch nicht zu Hause. Und das ist der Grund, warum viele Firmen, gerade in der Personaldienstleistung, schließen. Sie denken, dass sie dieses Homeoffice-Ding anbieten müssen, weil das ja so in und so toll ist. Es ist aber nicht erfolgreich. Dann bist du in der Branche einfach falsch, das muss man jedem im Vorstellungsgespräch einfach auch so sagen. Wenn er dann sagt, ok, das ist nichts für mich, dann ist das fair. Das hatten wir auch schon. Aber das ist mir lieber, als jemanden einzustellen, der eine großartige Fachkraft ist, der nach zwei Wochen aber wieder weg ist oder ich merke, dass er sich nicht wohlfühlt. Das macht doch keinen Sinn. Kurz und knapp, gib mir zwei Wochen und ich sage jedem, woran es liegt, der will es nur nicht hören.  

Doris: 

Da hast du da ein zweites Standbein gefunden, würde ich sagen.  

Super, vielen herzlichen Dank für diesen Gedanken, denn nur wenn man selbst brennt, kann man auch andere anstecken. Das ist auch ein ganz wichtiger Faktor dabei. Ich hatte gerade eben auch so das Thema, wenn das Flämmchen aus dem Kopf wechselt, dann kann man nur andere Menschen anstecken. Und wenn die anderen angesteckt sind, dann brennen sie für das Unternehmen. Lieben Dank, Michael, vielen Dank für dieses Gespräch. Es ist so kurzweilig gewesen und so spannend, was du alles erzählt hast. Hast du denn noch EINEN abschließenden Satz oder einen Gedanken, der dich in der letzten Zeit begleitet hat, den du unseren Zuhörenden mitgeben möchtest? 

Michael: 

Nein, eigentlich nicht. Ich glaube, das Einzige, was mir einfällt bei vielen Dingen, ist wirklich “Finde heraus, was deine Mitte ist, und sei dir vor allen Dingen bewusst, dass du immer die Mitte sein solltest und niemand oder irgendetwas anderes sonst.” Das ist, glaube ich, immer so das Allerwichtigste. Denn, wenn ich irgendetwas anderes zu meiner Mitte mache als mich selbst, habe ich irgendwann ein Problem. Das kann man egoistisch nennen, aber das kann zu nichts führen, denn man wird es eigentlich nie jemandem recht machen. Also guck, dass du deine Mitte findest und dann einfach deinen Weg gehst. Der wird niemals ohne Umwege laufen oder nicht holprig sein, das wird nie funktionieren. Da eckt man auch mal an, aber damit muss man dann irgendwie auskommen. 

Doris: 

Das macht einen schön weich und rund, wenn man überall aneckt. 

Michael: 

Also, runder werde ich seit einem Jahr, von daher mache ich alles richtig. 

Doris: 

Vielen Dank, lieber Michael. Vielen Dank für deine Gedanken und vielen Dank für das Gespräch mit dir.  

Das war’s für heute in unserem Kajütengespräch. Vielen Dank fürs Zuhören, vergesst nicht, uns zu abonnieren und hinterlasst gerne eine Bewertung. 

Hast auch du Lust, uns, wie Michael, in einem Kajütengespräch zu erzählen, wer du bist und was du machst, dann melde dich bei uns unter 

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Bis zum nächsten Mal, bleibt neugierig und auf Wiederhören. Tschüss